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leer Laurence Anyways


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12 Jahre umspannt die Liebesgeschichte von Frédérique (Suzanne Clément) und Laurence (Melvil Poupaud), der sich seine Transsexualität eingesteht. Der dritte Film des jungen Regiewunders Xavier Dolan ist ein überlanges, bildgewaltiges Opus.

Laurence Anyways (von Xavier Dolan)


Laurence Emmanuel James Alia (Melvil Poupaud) ist Literaturdozent und Autor und lebt mit seiner Freundin Fred, eigentlich Frédérique (Suzanne Clément), eine ziemlich wilde Liebe in den 1980ern. Zu seinem 35. Geburtstag schenkt sie ihm eine Reise nach New York. Sie muss ihn etwas dazu drängen, doch erreichen sie nicht einmal die Grenze. Denn während der Autofahrt offenbart Laurence ihr, dass er sein ganzes Leben lang unterdrückt hat, dass er transsexuell ist. Jetzt endlich möchte er als die Frau leben, die er ist.

Fred ist völlig perplex und glaubt, nicht mit einer weiblichen Laurence leben zu können. Auch Freds Mutter rät ihr, sich zu trennen. Schließlich entscheidet sich Fred allerdings, dass sie Laurence liebt und diesen Weg mit ihm zusammen gehen möchte. Langsam, Schritt für Schritt wagen sie sich vor, bis Laurence schließlich in weiblicher Gestalt mit Make-Up zur Uni gehen möchte. Doch im Auto überlegt er es sich wieder anders.

Laurence Anyways (von Xavier Dolan)

Fred kauft Laurence eine Perücke, die er jedoch nur Fred zuliebe trägt. Es fällt beiden nicht leicht, sich den Reaktionen ihrer Umwelt zu stellen. Laurence Mutter scheint zum Beispiel kein Problem mit seiner Transsexualität zu haben, aber davon hören will sie auch nicht. In Restaurants werden sie komisch angekuckt, bis Fred ausrastet. Als Laurence sich letztendlich traut, in seiner wahren Gestalt vor seine Studenten zu treten, wird er von ihren Reaktionen überrascht.

Irgendwann kann oder will Fred jedoch nicht mehr und muss sich von Laurence trennen. Sie möchte ein anderes, ein einfacheres Leben. Das ändert jedoch nichts an Laurences Gefühlen und seine Liebe überdauert selbst Jahre...

Laurence Anyways (von Xavier Dolan)


Xavier Dolan wurde vor vier Jahren mit seinem ersten Film, "I Killed My Mother", in Cannes und weltweit als Regiewunderkind gefeiert. Mit spielerischem und doch sehr souveränem Stil hatte der damals fast 20-Jährige ein Werk von emotionaler wie auch filmischer Brillanz geschaffen. Schon während des Drehs dazu stieß er auf eine private Geschichte in seinem Filmteam, die er in "Laurence Anyways" verarbeiten wollte. Es war angeblich von Anfang an sein Herzensprojekt, das er über Jahre entwickelte. Doch weil er noch nicht die finanziellen Mittel für die Umsetzung hatte, setzte er zwischenzeitlich "Herzensbrecher" um. Auch dieser wurde in Cannes uraufgeführt und festigte Dolans Ruf genug, um "Laurence Anyways" drehen zu können.

Dies gab Dolan genügend Zeit, das Projekt vorzubereiten und auszuarbeiten. Bei seinem dritten Film blieb er bis auf einen Cameo hinter der Kamera, wo er mehr als genug zu tun hatte. Denn er ist nicht nur Autor, ausführender Produzent und Regisseur, sondern hatte auch die Aufsicht über Kostüme, Ton, Gestaltung und Schnitt. Als Auteur-Filmer möchte er die kreative Verantwortung für den Film als Ganzes übernehmen. Und was für gestalterische Mittel er wieder gefunden hat, ist atemberaubend, visuell beeindruckend, innovativ. Die Regenszene, der Kleiderschnee usw. sind Bilder, die sich einprägen. Teilweise kommt man aus dem Staunen über die Schönheit und Außergewöhnlichkeit der Inszenierung nicht heraus.

Laurence Anyways (von Xavier Dolan)

Man merkt aber auch Dolans Ehrgeiz, jeden Film noch perfekter durchzustilisieren, sich der Welt zu beweisen und den Regiewettbewerb von Cannes zu gewinnen. Dolan scheute sich nicht, lautstark sein Bedauern kundzutun, mit "Laurence Anyways" nicht endlich in Cannes' Hauptwettbewerb gelandet zu sein, sondern zum dritten Mal in der Sektion Un Certain Regard. So konnte er nicht den Regiepreis gewinnen. Dass der Film zumindest die Queer Palm gewonnen hat, wird ihm vermutlich wenig Trost sein, denn bekanntlich hat Cannes keinen allzu großen Anteil schwul-lesbisch-queerer Filme. Man kann Dolan seine jugendliche Verbissenheit kaum krumm nehmen, bekommt aber an manchen Stellen den Eindruck, dass der Kanadier über die perfekte Ästhetik ein wenig die Handlung oder Tiefe aus den Augen verloren hat.

Aber Dolan setzt auch gar nicht an, die psychologischen Vorgänge eines transsexuellen Coming-Outs zu ergründen. Es ist vermutlich sein Glück, dass er sich auf die Tragik der seelenverwandten Liebenden und deren Beziehungsverlauf konzentriert und daraus eine emotional tragende Wellenbewegung kreiert. Bei ihm wird der Bruch mit Geschlechterkonventionen und -grenzen eher auf einer formalen, bildhaften Ebene abgehandelt. Oberflächlichkeiten wie Kleidung und Frisur erzeugen bei ihm den Großteil von Identität.

Laurence Anyways (von Xavier Dolan)

Auch wenn es, wie wirklich alles in seinem Film, so gewollt ist, zieht Dolan sich damit aus der Affäre, dass Laurence sowohl männlicher als auch weiblicher Vorname sein kann. So bleibt die Identitätsstiftung durch die namentliche Abgrenzung verwehrt. Andererseits ist auch Frédériques männlicher Spitzname Fred spielerisch zu verstehen. Aber die seelischen Vorgänge Transsexueller und die Auseinandersetzung mit der eigenen Identität und Sexualität kann wohl kaum durch einen auffälligen Ohrring, etwas Make-Up, eine Perücke und hübsche Kleidung abgehandelt sein. Leute, die von der Thematik betroffen sind oder sich damit auseinandersetzen wollen, werden hier möglicherweise nicht ganz auf ihre Kosten kommen.

Was allerdings das Liebesdrama betrifft, so kann Dolan die Höhen und Tiefen und das Nichtloslassenkönnen zu einem emotionalen Anker in dem Bildersturm entwickeln. Trotz einiger Längen, die das 160-minütige Epos leider hat, erzeugt Dolan einen Sog und einen involvierenden Spannungsbogen. Doch wo "I Killed My Mother" durch autobiographische Erfahrung emotional aufrichtig und auf dem Punkt war, scheint ihm manchmal diese Tiefe und der emotionale Zugang zu der Geschichte von "Laurence Anyways" abzugehen – immerhin ist es "nur" eine adoptierte Geschichte.

So ist Dolans dritter Film ein Riesenwerk, das die Gemüter spalten wird. Die einen werden den Film aufgrund seiner Bildgewalt und seiner emotionalen Geschichte lieben. Anderen wird "Laurence Anyways" vielleicht zu schwer, zu sperrig, zu verkünstelt oder zu oberflächlich sein. Wer sich jedoch für außergewöhnliche Filmkunst interessiert, wird an diesem Film nicht vorbeikommen können.

Laurence Anyways (von Xavier Dolan)


  • Mitte Juni 2013 laufen im Rhein-Ruhr-Gebiet Vorpremiere des Films in der monatlichen Filmreihe homochrom.
  • Bei der in "Laurence Anyways" dargestellten Form handelt es sich um eine Mann-zu-Frau-Transsexualität. Die fortgesetzte Liebesbeziehung zu Frédérique ist somit als lesbisch zu betrachten. Eine kritischere Auseinandersetzung und mehr Hintergrund zu Transsexualität gibt's beim Wikipedia-Eintrag.
  • Weitere Filme, die Transsexualität thematisieren, sind z.B. der deutsche "Romeos", "Transamerica", "Boys Don't Cry", ansatzweise "Tomboy" oder perfide in Pedro Almodóvars Thriller "Die Haut, in der ich wohne".

Laurence Anyways (von Xavier Dolan)

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Laurence Anyways (von Xavier Dolan)

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Fakten
Originaltitel:
Laurence Anyways
 
deutscher Kinostart am:
27.06.2013
 
Genre:
Drama / Romanze
 
Regie:
Xavier Dolan
 
Länge:
ca. 161 Minuten
 
FSK der Kinofassung:
ab 6 freigegeben
 
Kinoverleih:
NFP
 
Dieser Film wurde bewertet von:
Martin(82%), ML(83%), RS(92%)
 
Texte:
Martin
 
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Synchronsprecher

SchauspielerSynchronsprecher
Melvil PoupaudAndré Szymanski
Suzanne ClémentAnita Vulesica
Nathalie BayeKatharina Lopinski

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TV-Termine

DatumUhrzeitSender
06.06.2015 ²) 01:25 Arte
28.05.2015 ²) 00:15 Arte
²) Sendezeiten bis 05:00 Uhr sind in der Nacht zum Folgetag.
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