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leer Till - Kampf um die Wahrheit


Ghostbusters: Frozen Empire - Cineclub-Filmkritik

Länge Unterhaltung Spannung Action Musik Erotik Anspruch Eindruck Gesamt
**** ** **** * **** - **** ***** 81%
 

 
Als Bo (Jalyn Hall) die Cousins in Mississippi besucht, ahnt seine Mutter Mamie bereits nichts Gutes. Wenig später ist er Opfer eines Lynchmordes und die Mutter wächst angesichts von Trauer und Erniedrigung über sich hinaus. Die oft vollständig im Fokus stehende Danielle Deadwyler nutzt die ihr großzügig zur Verfügung stehende Zeit für ein herzergreifendes Emotionsgewitter. Mit Produzentin Whoopi Goldberg in einer Nebenrolle.

Till - Kampf um die Wahrheit


Schwarze haben es in den 50ern in den USA nicht leicht. In Chicago, wo Mamie (Danielle Deadwyler) mit ihrem Sohn Bo (Jalyn Hall) wohnt, kann man es immerhin ungestraft zurückweisen, wenn Kaufhausangestellte einen in den Keller schicken wollen. Denn Mamie hat eine gute Arbeit in einer staatlichen Schreibstube und kann sich auch die teureren Güter leisten. Zum Beispiel eine Geldbörse für Bo, der seine Cousins in Mississippi besuchen möchte. Dazu wird der erst 14jährige mit dem Zug quer durch das Land reisen und über zwei Wochen von Mamie getrennt sein. Immer wieder warnt die aufmerksame Mutter ihren Sohn vor den Gefahren des Rassismus in den Südstaaten, denn sie hat eine böse Vorahnung.

Leider soll Mamie Recht behalten. Angeschuldigt wegen einer Bagatelle wird Bo von Roy Bryant (Sean Michael Weber), JW Milam (Eric Whitten) und ein paar weiteren Helfern erst entführt und dann gelyncht. Die völlig aufgelöste Mamie besteht darauf, die entstellte Leiche zu identifizieren und besteht auf einer Beerdigung im offenen Sarg, damit die Welt sieht, was sie mit ihrem Baby getan haben. Als die Männer tatsächlich gefasst werden und in Mississippi vor ein Gericht gestellt werden, droht der Freispruch, da man dort einer völlig weißen Jury glaubhaft machen will, es hätte sich bei der Leiche gar nicht um Bo gehandelt. Also beschließt Mamie, in den Süden zu reisen und vor Gericht auszusagen, auch wenn sie dabei die schlimmsten Erniedrigungen ihres Lebens in Kauf nehmen muss. Ihre Mutter Alma (Whoopi Goldberg) kann dies nicht gutheißen, aber ihr Stiefvater John (Frankie Faison) steht ihr zur Seite und begleitet sie in den Süden. Obwohl dies gar nicht ihr Hauptmotiv war, gibt Mamie damit den Anstoß zu einem von der NAACP geforderten und 2022 in Kraft getretenen Anti-Lynch-Gesetz.

Till - Kampf um die Wahrheit


Regisseurin Chinonye Chukwu, die auch am Drehbuch beteiligt war, hat „Till“ absolut auf ihre Hauptfigur fokussiert. Immer wieder steht die Kamera minutenlang auf Danielle Deadwylers Gesicht, während um sie herum handelnde und sprechende Personen nur kurz eingeschnitten oder ganz ins Off verbannt werden. Liegt die Entwicklung der Handlung auf anderen Figuren, kann man doch parallel immer wieder die Wirkung auf Mamie in ihrem Gesicht studieren. Danielle Deadwyler nimmt diese Herausforderung an. Während sie anfangs noch davon profitiert, dass der Zuschauer Whoopi Goldberg in der Rolle ihrer Mutter erkennt und diese in ihrer unnachahmlichen Art ihren Charme ausspielt, trägt sie die zweite Hälfte des Films völlig allein und liefert eine herausragende Leistung ab, die ihren Höhepunkt in der demütigenden Zeugenaussage findet.

Till - Kampf um die Wahrheit

Doch zuvor holt der Film zweimal ganz weit aus. Zunächst ist die Kamera in die kindlich naive Position von Bo verlagert, der zu seiner Mutter aufschaut, sich aber auch überhaupt nicht vorstellen kann, wozu (weiße) Menschen in den Südstaaten fähig sein könnten. Das Unheil lauert bleischwer über den Szenen der Kinder und als es dann schließlich hereinbricht, verzieht sich die Kamera in ängstliche Distanz, bleibt gerade noch in Hörweite. Während hierdurch die verübte Gewalt selbst ausgespart wird, folgt anschließend für Mamie ein langer, tiefer Fall. Wer sich auf die Situation einlässt und sich von Danielle Deadwylers Spiel mitreißen lässt, den kann die Szene der Leichenbeschau zu Tränen rühren. Chinonye Chukwu hat diese wie auch die berühmte Beerdigung im offenen Sarg in epischer Länge inszeniert.

Gebunden durch die historischen Ereignisse haben sich die Filmemacher für die „Mutterperspektive“ entschieden und konsequent bis zum Ende alle männlichen Figuren zu Nebendarstellern degradiert. Selbst die noch nicht einmal angeklagte Carolyn Bryant (Haley Bennett) bekommt mehr Aufmerksamkeit als die eigentlichen Mörder und wird stellvertretend durch diesen Film zur Anstiftung zum (Lynch-)Mord und des Meineids schuldig gesprochen. Gemeinsam mit der Musik, die oftmals die innere Aufregung Mamies widerspiegelt, tragen die starken Darstellerinnen damit den gesamten Film. Eine Überlänge hätte es meines Erachtens zwar nicht unbedingt gebraucht, aber dadurch wurde wohl vor allem die Länge von Danielle Deadwyylers Szenen gerechtfertigt. Und diese allein sind schon einen Besuch dieses Films wert.

Till - Kampf um die Wahrheit
Für alle Bilder gilt:
© 2022 ORION RELEASING LLC. All Rights Reserved.

Till - Kampf um die Wahrheit

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Fakten
Originaltitel:
Till
 
deutscher Kinostart am:
26.01.2023
 
Genre:
Drama
 
Regie:
Chinonye Chukwu
 
Länge:
ca. 130 Minuten
 
FSK der Kinofassung:
ab 12 freigegeben
mit Eltern ab sechs Jahren erlaubt
 
Kinoverleih:
Universal
 
Dieser Film wurde bewertet von:
RS(81%)
 
Texte:
RS
 
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