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leer Sebastiane


Länge Unterhaltung Spannung Action Musik Erotik Anspruch Eindruck Gesamt
**** * ** ** *** ***** ***** ***** 85%
 

 
Die letzten Tage des Heiligen Sebastians, bevor er durch Bogenschützen hingerichtet wird, verwandelt der Brite Jarman in ein homoerotisches Meisterwerk bildschaffender Kunst. Erster Film vollständig in authentischem Latein gedreht mit stilprägender Monumentalgewalt.

Sebastiane (von Derek Jarman)
Der Hl. Sebastian, wie man ihn von vielen Darstellungen kennt, von Pfeilen durchbohrt.


Im Jahr 303 n. Chr., nachdem der Imperator Diokletian (Robert Medley) eine vergeltende, letzte Christenverfolgung veranlasst hat, verliert Sebastian (Leonardo Treviglio), Hauptmann der Leibgarde, die Gunst Diokletians bei einem Fest zur Wintersonnenwende und wird als einfacher Soldat in ein Grenzlager versetzt.

Weil dort nichts zu tun ist, vertrödeln die Soldaten unter dem sadistischen Hauptmann Severus (Barney James) ihre Zeit mit Kämpfen, Baden, Tanzen, Sexgesprächen und Streichen. Sebastian, der bekennender Christ ist, verweigert die Kampfesübung. Er wird dafür gepeitscht und von einigen getriezt, allen voran von Maximus (Neil Kennedy).

Unter den Männern kommt es auch zu leidenschaftlichen Freundschaften, wie es die Sitte ist. Severus, der Sebastian einerseits bestraft, hält aber auch schützend seine Hand über ihn, denn er möchte mit ihm zusammenliegen. Als Sebastian auch dies wiederholt verweigert, befiehlt Severus Sebastians Tod durch Bogenschützen.

Sebastiane (von Derek Jarman)
Sinneslust in Dioketians Palast.


Mit gerade einmal 45.000 Dollar verwirklichte der offen schwule, britische Künstler Derek Jarman 1976 seinen ersten Spielfilm "Sebastiane", eine Verfilmung des Märtyrertums des heiligen Sebastians, in London und Sardinien. Wegen der lasziven Darstellung des Hl. Sebastians seit der Renaissance hat der Märtyrer eine besondere Anziehungskraft auf Schwule. Jarman schuf ein natürliches, ruhiges und mittlerweile kultiges Meisterwerk mit ikonischer und sinnlicher Bildkraft.

Die anfängliche Tanz- und Festorgie in Diokletians Palast erinnert an Fellinis "Satyricon" (1969), dem ebenfalls eine homoerotische Geschichte zugrunde liegt, obwohl der Sebastiane-Anfang künstlicher, pop-artiger aussieht. Danach ändert sich der Stil abrupt und der Rest der Geschichte, der im Lager am Mittelmeer spielt, hält sich formal eher an "Das 1. Evangelium – Matthäus" (1964), der Jesuspassion von Pasolini, welche allerdings gänzlich ohne Erotik auskommt.

Sebastiane (von Derek Jarman)
Die Soldaten üben den Kampf im Grenzlager.

"Sebastiane", der wie ein feuchter Traum mit überbordender Homoerotik – teils minutenlang in Slow-Motion – inszeniert wurde, verursachte Mitte der Siebziger vor allem von christlicher Seite einen Aufstand. Trotz scharfer Zensurprüfungen gelang es Jarman mit einem Trick, einen erigierten Penis durch die Freigabe zu mogeln. Doch neben aller Erotik besitzt der Film psychologische Tiefe. Es werden menschliche/männliche Bedürfnisse in einem rein männlichen Umfeld, unerwiderte Liebe und religiöse Diskriminierung thematisiert.

Besonders hohen Anspruch hat der Film zudem dadurch, dass er als erster Film überhaupt durchgehend akkurat in Latein gedreht wurde. Deswegen erschien "Sebastiane" als einzige britische Produktion mit englischen Untertiteln. Ein Manko daran ist nur, dass nicht alle diese Fremdsprache mit so viel Ausdruck sprechen wie Kennedy. Gerade Treviglio, der wie fast alle Darsteller wegen seines präzise definierten Körpers und seines schönen Gesichts engagiert wurde, mangelt es grundsätzlich an Ausdruckstärke.

Sebastiane (von Derek Jarman)
Sebastians Hinrichtung wegen verschmähter Liebe.


  • Die DVD von Salzgeber enthält neben dem Hauptfilm nur Trailer zu weiteren Jarman-Filmen und den 10-minütigen, stummen Kurzfilm "Saint" (1996) von Bavo Defurne, der formal und atmosphärisch großartig ist.
  • Dass die Soldaten Frisbee spielen und Kaugummi kauen, sind Anachronismen, wie sie Jarman auch in späteren Filmen bewusst eingesetzt hat.
  • Der pro forma als Ko-Regisseur und Ko-Autor erwähnte Paul Humfress war eine Zweitbesetzung und hätte für Jarman einspringen sollen, wenn etwas schief gelaufen wäre. Dazu kam es jedoch nicht und so war er lediglich Cutter des Films.
  • Die Musik stammt von Brian Eno, einem sehr innovativen Musikers und Produzenten (David Bowie, U2, Coldplay), der anfangs bei Roxy Music mitwirkte und nach seinem ersten Soundtrack für "Sebastiane" Musik für weitere Filme schrieb. Seine Lieder wurden z.B. in "Velvet Goldmine", "Moulin Rouge" oder "Trainspotting" benutzt.

Sebastiane (von Derek Jarman)

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Fakten
Originaltitel:
Sebastiane
 
deutscher Kinostart am:
16.10.2008
 
Genre:
Drama / Historienfilm
 
Regie:
Derek Jarman (& Paul Humfress)
 
Länge:
ca. 85 Minuten
 
Kinoverleih:
Salzgeber
 
Dieser Film wurde bewertet von:
Martin(85%)
 
Texte:
Martin
 
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